Opfer für die Katze, die alle Ratten verschreckte

Erst das Gedicht, dann unsere Gedanken:

Als ich meine Fünf-Weiß hatte, so klein
Suchten Ratten meine Bücher nicht heim

Heute Morgen starb Fünf-Weiß plötzlich
Ich bringe Opfer: Reis und Fisch

Ich sehe dich, stehst mitten im Fluss
Singe für Dich: Mich um Dich kümmern ich muss

Einmal, Du hattest eine Ratte geschnappt
Trugst weinend und schreiend sie über den Platz
Wolltest ALLE Ratten erschrecken, das hat geklappt
als hieltest Du sauber mein Heim mit deiner Tatz

Seit wir an Bord dieses Botes gekommen
Haben wir ein Zimmer gemeinsam genommen
Obwohl das Korn braucht viele Bisse
Esse ich es – ohne Angst vor Diebstahl oder Pisse

Das liegt an deiner harten Arbeit allein
Härter noch als Huhn oder Schwein
Menschen machen sich für Pferde groß
Sagen: Nichts geht über Esel oder Ross

Genug jetzt – werde weiter argumentieren nicht
Aber ein wenig weinen und dir schreiben dies kleine Gedicht

Mei Yaochen (1002–1060), chinesischer Schriftsteller
Übersetzung und Reime von KatzenWieWir

Unsere Gedanken

Nicht schlecht, dafür dass das Gedicht fast 1.000 Jahre alt ist.

Besonders toll fanden wir:

  • „Fünf-Weiß“ als Name für die Katze
  • „Reis und Fisch“ als respektvolles (damals sehr wertvolles) Opfer für die Katze
  • Gesang als Kommunikation mit der Katze
  • Das Menschen-Heim angenehm und sauber halten, als wertvolles Geschenk einer Katze
  • Mit der Katze zusammen in einem Boot sitzen und sich ein Zimmer teilen, eine Symbiose eingehen
  • „Obwohl das Korn braucht viele Bisse“ als Bild für Essen, das rar und wertvoll ist, lange gelagert wird und daher trocken und hart zu beißen ist
  • Häufiger Zeitwechsel („hattest“, „ich sehe dich“, „genug jetzt“). Dadurch entsteht der Eindruck, als würde alles im Moment des Lesens geschehen
  • Die Erkenntnis, dass der Wert / Wichtigkeit / Nutzen eines Tieres für jeden anders sein kann, je nach Persönlichkeit / Priorität („Menschen machen sich für Pferde groß“ im Kontrast zu „Als ich meine Fünf-Weiß hatte … suchten Ratten meine Bücher nicht heim“). Dadurch wird ganz geschickt das Klischee, Katzen würden vor allem zu belesenen Einzelgängern passen, ganz dezent betont.

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Original

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