Krümel, der kleinste Kater

Diese Geschichte habe ich ursprünglich für ein Kind geschrieben, dessen Mutter während seiner ersten Lebensjahre im Krankenhaus im Koma lag.

Sie eignet sich daher sehr gut zu therapeutischen Zwecken. Sie soll den Schmerz der Trennung lindern und ein Verstehen im Kind aufbauen dadurch, dass das Kind sich und seine Gedanken in die Figur des Krümel projiziert.

Frohes Lesen!


Kater Anzalus und seine Tazilia lebten schon viele Jahre glücklich zusammen und wünschten sich sehr ein kleines Katzenkind. Irgendwann endlich wuchs ein Kätzchen im Bauch von Tazilia und die Eltern freuten sich sehr. Dann wurde der kleine Krümel geboren und die drei waren eine sehr glückliche Familie.

Weil sich alle drei so lieb hatten, beschlossen Anzalus und Tazilia noch ein kleines Kätzchen zu bekommen und kurz später kam der kleine Fleck zur Welt. Beide Eltern kümmerten sich liebevoll um ihre beiden Katerchen und taten alles, dass es ihnen an nichts fehlte.

Obwohl Anzalus seine Tazilia sehr liebte und die beiden kleinen Katerchen sich prächtig entwickelten und sehr liebe kleine Katerchen waren, wurde Tazilia plötzlich sehr krank. Keine Katzenmedizin konnte ihr helfen und ihre Schmerzen wurden immer schlimmer.

Doch Anzalus war ein sehr kluger Kater und ging zu dem Hunderudel, das in der Nachbarschaft lebte. Die Hunde waren sehr weise und hatten viele Heilmittel auch für Katzenkrankheiten.

Der klügste Hund des Rudels hieß Medicus und war mit Anzalus befreundet, obwohl Freundschaften zwischen Hunden und Katzen eher selten sind. Deshalb waren die beiden kleinen Katerchen sehr erschrocken, als der große schwarze Hund ihren Bau betrat und zu ihrer Mama ging.

Recht schnell stürzte sich der kleine Krümel mit seinen scharfen Krallen und Zähnen auf den schwarzen Hund. Er wollte seine Mama beschützen, doch er war zu klein, um gegen den großen Hund zu bestehen. Medicus beachtete den armen kleinen Kater gar nicht, sondern wickelte die kranke Katzenmama in eine Decke und nahm sie mit. Krümel war sehr wütend und wollte dem Hund hinterher laufen um seine Mama zu retten. Doch sein Papa hielt ihn fest und versuchte ihn zu trösten.

Er erzählte seinem kleinen Katersohn folgende Geschichte:

„Als ich noch ein sehr junger Kater war, habe ich Medicus auf einem meiner Streifzüge getroffen. Seine Pfote steckte in einem Metallding, aus dem er sich nicht selbst befreien konnte. Ich weiß, dass ein Kater einem Hund niemals helfen sollte, aber der kleine schwarze Medicus sah so traurig aus und hatte große Schmerzen. Deshalb half ich ihm sich zu befreien. Seit diesem Tag sind wir beide Freunde und Medicus versprach mir, dass er mir helfen wird, wenn ich ihn brauche. Er und sein Rudel werden deine Mama wieder gesund machen.“

Doch der kleine Kater vertraute den Hunden nicht und machte sich große Sorgen um seine Mama. Er überlegte, was er wohl getan haben könnte, dass seine Mama so krank geworden ist. Hat sie Schmerzen bekommen, weil sie ihn nach Hause tragen musste, nachdem er letzte Woche auf dem Katzenspielplatz gestürzt war? Er fand immer mehr Gründe dafür, dass seine Mama krank wurde, weil er etwas falsch gemacht hat und wurde immer wütender auf sich selbst.

Über viele Wochen hinweg versuchte der große schwarze Medicus die Kätzin Tazilia zu heilen und brachte sie schließlich zurück in ihren Katzenbau. Alle freuten sich sehr und waren dankbar für die Hilfe des Hunderudels. Doch der kleine Kater spürte, dass irgendetwas mit seiner Mama nicht stimmte.

Sie hatte teilweise kein Fell mehr und an manchen Stellen waren sogar noch rote Flecken zu sehen. Die tapfere Katzenmama aber tat alles, was die klugen Hunde ihr geraten haben, und wurde langsam wieder gesund und kräftig.

Krümel beschloss von nun an seine Mutter zu beschützen. Er musste herausfinden, was sie krank gemacht hat. So könnte er verhindern, dass dies seiner lieben Mama erneut passiert. Doch niemand konnte ihm sagen, warum seine Mama krank wurde.

Krümel schlief schlecht und konnte sich nicht richtig konzentrieren. Er war mit seinen Gedanken fast immer bei seiner Mama. Krümel war zwar klein und dünn, aber stark und schnell. Das wollte er auch immer wieder unter Beweis stellen.

Morgens, beim Spielen mit den benachbarten Katzenkindern, passierte es dann: Krümel lief so schnell er konnte und sah dabei nicht den großen Strauch, auf den er zulief. Bevor er stehen bleiben konnte, bohrte sich ein Ast in sein Auge.

Sein Auge schmerzte sehr und blutete stark. Eines der anderen Katzenkinder lief zum Unterschlupf und holte Krümels Eltern. Sein Papa trug ihn und rannte so schnell er konnte zu seinem Freund Medicus.

Medicus kümmerte sich um den kleinen Kater, aber das Auge war, trotz aller Heilkunst der Hunde, nicht mehr zu retten. Der kleine Krümel würde lernen müssen von nun an sein Leben mit nur einem Auge zu meistern.

Die ganze Katzenfamilie war sehr traurig, weil Krümel sein Auge verloren hat. Er konnte jetzt nicht mehr so unbeschwert mit seinem kleinen Bruder spielen. Er konnte auch nicht mehr mit seinem Papa auf Streifzüge gehen, weil er Gefahren nicht früh genug sehen konnte.

Er hatte zwar keine Schmerzen mehr, aber fühlte sich nicht gut. Er war oft wütend und traurig oder aber aufgekratzt und müde gleichzeitig. Deshalb verstand er sich wohl auch mit seinem kleinen Bruder Fleck nicht mehr gut. Krümel knurrte seinen Bruder meist an und oftmals fauchte er sogar und ging mit seinen scharfen Krallen auf ihn los.

Auch mit seiner lieben Mama verstand Krümel sich nicht mehr so gut. Er hörte nicht auf sie. Das machte seine Eltern sehr traurig und ratlos.

Erneut beschlossen die Eltern, sich Hilfe bei dem Hunderudel zu holen. Anzalus und Tazilia wollten vom klugen Medicus wissen, warum Krümel sich so auffällig verhält.

Auch Krümel stellte dem großen schwarzen Medicus viele Fragen. Er wollte wissen, warum ihm so viele schlimme Dinge passieren.

„Meine Mama ist krank, ich habe mein Auge verloren, ich bin viel kleiner als die anderen Katzenwelpen in meinem Alter und niemand mag mich. Warum ist das so, Medicus? Kannst du mir das erklären?“

Leider konnte auch Medicus diese Fragen nicht so einfach beantworten. Deshalb sprachen Anzalus und Tazilia lange mit ihm. Sie waren sich einig, dass der kleine Kater Hilfe braucht, damit er sich nicht immer wieder in Gefahr begibt. So beschlossen sie, dass Krümel für eine Weile im Hunderudel leben sollte.

Krümel fand diese Idee gar nicht gut. Er fühlte sich nicht wohl im Hunderudel. Die Hunde waren ganz anders als seine Katzeneltern.

Aber der gute Medicus unterhielt sich sehr viel und sehr lange mit dem kleinen Kater und erklärte ihm, dass Katzen manchmal krank werden und niemand daran Schuld hat. Auch die anderen Hunde kamen zu ihm, spielten mit ihm und taten alles, dass er sich bei ihnen wohlfühlte. Er lernte von den Hunden, wie er mit einem Auge trotzdem früh genug Gefahren erkennen kann und viele andere Dinge.

Lange Wochen später, als Krümel zu seiner Familie zurückkehrte, waren alle sehr glücklich. Nun konnte Krümel schneller laufen als sein Vater, er war flink und konnte höher springen als die meisten anderen Katzen. Außerdem hat er gelernt, wo man immer gutes Futter findet und dass auch Katzen im Wasser Spaß haben können. All dies brachte er nun seinen Eltern, seinem Bruder und natürlich allen anderen Katzen in der Umgebung bei.

Aber die wichtigste Lektion hat Medicus ihn mit sehr viel Liebe und Geduld gelehrt. Krümel muss nicht auf seine Mama aufpassen, er darf ein kleiner, glücklicher Kater sein.

Jeder Katze passieren im Leben verschiedene Dinge: Manche sind toll und machen glücklich, andere sind schlimm und machen traurig. Krümel kann, wann immer er möchte, zu seinen Hundefreunden gehen und mit ihnen über seine Probleme sprechen, wenn es welche gibt. Auch mit seinen Eltern versteht er sich wieder gut und kann mit ihnen über alles reden. Endlich ist die Katzenfamilie glücklich und es gibt nur noch ganz selten Streit zwischen Krümel und Fleck, denn ganz ohne Streit geht es zwischen Katzengeschwistern natürlich nicht.

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