Hund und Katze

Erst das Gedicht, dann unsere Gedanken:

Miezel, eine schlaue Katze,
Molly, ein begabter Hund,
Wohnhaft an demselben Platze,
Hassten sich aus Herzensgrund.

Schon der Ausdruck ihrer Mienen,
Bei gesträubter Haarfrisur,
Zeigt es deutlich: Zwischen ihnen
Ist von Liebe keine Spur.

Doch wenn Miezel in dem Baume,
Wo sie meistens hin entwich,
Friedlich dasitzt wie im Traume,
Dann ist Molly außer sich.

Beide lebten in der Scheune,
Die gefüllt mit frischem Heu.
Alle beide hatten Kleine,
Molly zwei und Miezel drei.

Einst zur Jagd ging Miezel wieder
Auf das Feld. Da geht es bumm!
Der Herr Förster schoss sie nieder.
Ihre Lebenszeit ist um.

Oh, wie jämmerlich miauen
Die drei Kinderchen daheim.
Molly eilt, sie zu beschauen,
Und ihr Herz geht aus dem Leim.

Und sie trägt sie kurz entschlossen
Zu der eignen Lagerstatt,
Wo sie nunmehr fünf Genossen
An der Brust zu Gaste hat.

Mensch mit traurigem Gesichte,
Sprich nicht nur von Leid und Streit,
Selbst in Brehms Naturgeschichte
Findet sich Barmherzigkeit.

Wilhelm Busch (1832 – 1902), deutscher Schriftsteller

Unsere Gedanken

Immer wieder helfen Tiere völlig unterschiedlicher Rasse oder Art sich gegenseitig aus. Ein Huhn brütet über Katzenbabys, eine Katze setzt sich beschützend auf Enten-Küken, Elster und Katze schließen Freundschaften und so weiter und so fort.

Daher macht alles Sinn, außer der letzten Strophe:

Brehm war als Tier-Präparator bekannt für seine riesige Sammlung ausgestopfter Vögel und wurde 1822 und 1858 für seine Bücher über Vogelkunde geehrt.

Die letzte Strophe als tröstende Belehrung zu gestalten, um dem Leser ein letztes kleines Schmunzeln abzuringen, war typisch für Wilhelm Busch und ist – wie wir finden – eine sehr sehr schöne Kunst.

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