Der Panther

Erst das Gedicht, dann unsere Gedanken.

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein.

Reiner Maria Rilke (1875 – 1926)
ungarischer Schriftsteller deutscher Sprache

Unsere Gedanken

Panther sind zwar keine Hauskatzen, aber das Gedicht passt dennoch sehr gut zu allen Katzen, die jetzt gerade hinter Gittern in irgendeinem Käfig eines Zoohandels oder Tierheims leben.

Es fällt uns auch schwer, zu kommentieren, was Rilke so einfühlsam,
tragisch und herzzerreißend schön beschreibt, nachdem er diesem Panther 1902 (mit 27 Jahren) in einem botanischen Garten in Paris begegnet ist.

Besonders eindrucksvoll fanden wir die Beschreibungen „Tanz von Kraft“ und betäubter „großer Wille“.

Interessanter noch aber wird das Gedicht, wenn man es interpretiert als Beschreibung eines starken oder stolzen Menschen: wenn die Umgebung nicht stimmt (z. B. im Mittelalter oder im Krieg oder unter falschen Freunden), hat das einen sehr lähmenden Effekt auf ihn. Und noch dazu macht es seinen Willen zu einem Gefangenen im eigenen Körper.

Was meint ihr?

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