Der Katzen-Song

Erst das Gedicht, dann unsere Gedanken.

Meins, sagt die Katze und streckt ihre dunklen Pfoten aus.
Meine Liebe, mein Freund, mein Sklave, mein Spielzeug, sagt
die Katze, während sie auf deiner Brust gestikuliert und tritt
die Milch aus Mutters längst vergessener Brust.

Lass uns im Wald spazieren gehen, sagt die Katze.
Ich bringe dir das Lesen des Boulevardblatts der Düfte bei,
mit Schatten zu verschmelzen, wie eine Falle zu warten, zu jagen.
Jetzt lege ich diese mollige, warme Maus auf deine Matte.

Du fütterst mich und ich versuche, dich zu füttern, wir sind Freunde,
sagt die Katze, obwohl ich ebenbürtiger bin als du.
Kannst du das 20-fache deines Körpers hoch springen?
Bäume rauf und runter klettern? Von Dach zu Dach schwingen?

Lass uns unsere Körper aneinander reiben und über Berührung sprechen.
Meine Gefühle sind pur wie Salzkristall und genauso hart.
Meine Begierden leuchten wie meine Augen. Ich singe für dich am Morgen,
laufe wieder und wieder um dein Bett und in dein Gesicht.

Komm, ich zeige dir, wie man so natürlich tanzt
wie Einschlafen und Laufen und Ausstrecken, Sehnen.
Ich zeige Gier mit meinen Pfoten und Angst mit meinen Barthaaren.
Neid peitscht meinen Schwanz. Liebe spricht mich gänzlich aus, ein Wort

von Fell. Ich werde dir zeigen, still zu sein wie ein rohes Ei
und durch Gras zu huschen wie der Geist des Winds.

Marge Piercy, US-amerikanische Schriftstellerin
Übersetzung von KatzenWieWir.de

Unsere Gedanken

Sehr katzmännisch. Also ein sehr katzen-artiger Erzählstil: unverblümt, fast schon dreist, fragend, bohrend.

Die Katze stellt klar, wer das wertvolle Wissen im Leben besitzt und auch, dass sie in ihrem „minderwertigen“ Besitzer kaum etwas davon erkennen kann.

Weder kann er jagen (daher bringt sie ihm die Maus), noch weiß er, wann man für die Jagd aufzustehen hat (daher weckt sie ihn beharrlich).

Weder kann er seine Gefühle klar und deutlich mit Körper und Haaren zeigen wie sie („Liebe spricht mich gänzlich aus, ein Wort von Fell“) noch durch die Welt gehen ohne sichtbar Spuren zu hinterlassen („wie der Geist des Windes“).

Aus Liebe versucht sie trotzdem immer wieder, es ihm zu zeigen.

Und tatsächlich, denkt man sich Technologien wie fließend Wasser und Beton-Wände weg, hat die Katze schlussendlich Recht.

Was meinst du?

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